Tagung zum 20-jährigen Bestehen des Eichendorff-Zentrums
In einem eingeschränkten Rahmen fand die Tagung anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrums in Lubowitz statt. Eingeladene Gäste der renommierten internationalen Universitäten wie Yale oder Heidelberg und den oberschlesischen Universitäten in Ostrau, Kattowitz und Oppeln berichteten über Gründung, Erfolge und Zukunft.

Eichendorff-Zentrum feiert 20-jähriges Jubiläum
Vor 20 Jahren gedachten die Oberschlesier auf eine besondere Art ihren berühmtesten Dichter – Joseph Freiherrn von Eichendorff – und gründeten das Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum in Lubowitz. Der wissenschaftliche Beirat samt eingeladener internationaler Gäste tagte vom 16. bis zum 18. Oktober 2020 unweit der Geburtsstätte des deutschen Romantikers. Bereits zum 20. Mal versammelten sich oberschlesische Menschen der Forschung und Kultur unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Joanna Rostropowicz, um diesmal einen historischen Rückblick auf die Gründung des Eichendorff-Zentrums und die Menschen der ersten Stunde zu wagen, aber auch die Bedeutungsträchtigkeit des Publikationsreihen und weitere Zukunftsaussichten aufzuzeigen.
Oberschlesische Wissenschaft fördern
Dr.-Ing. Josef Gonsior, einer der Gründungsväter der bedeutenden Institution, berichtete über die Anfänge und Herausforderungen, vor denen er samt seiner Kolleginnen und Kollegen zu Beginn des Zentrums standen. Daran anknüpfend zeichnete Prof. Dr. Rostropowicz die Kulissen der Gründung des wissenschaftlichen Beirates, seine Ziele und die seit dem veröffentlichten Publikationsreihen des Eichendorff-Zentrums auf. Dazu gehören: das „Lubowitzer Jahrbuch“, die Quartalschrift „Eichendorff-Hefte“, die biographische Bandreihe „Schlesier“, die zukunftsorientierte Wissenschaftsreihe „Schlesien in Europa“, wie auch die Perlen der schlesischen Literatur. Im weiteren Beitrag wurde an den Förderer des Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrums in Lubowitz und des damaligen Vorsitzenden des Kuratorenrates gedacht – Joachim Niemann. Dieser ist einen Monat zuvor auf den Tag genau im Alter von 86 Jahren verstorben.
Tagung in hybrider Form
Aufgrund der durch die Pandemie-Situation ausgelösten Einschränkungen, war ebenso eine Teilnahme der Referenten per Online-Schaltung möglich, deren physische Präsenz vor Ort verhindert war. Auf diese Weise verfolgte die gesamte Tagung Prof. Dr. Grażyna Szewczyk – eine der Gründungsmütter des Eichendorff-Zentrums und langjähriges Mitglied des wissenschaftlichen Beirats. Zudem bereicherte Prof. Dr. Szewczyk die Tagung mit ihrer Abhandlung über den Beitrag des Lubowitzer Zentrums zur Popularisierung deutscher Literatur.
Bedeutungsträchtigkeit des Zentrums
Der Jurist Andrzej Rostropowicz präsentierte die Wahrnehmung der mehrbändigen Veröffentlichungen im Lichte der Presse und der Stellungnahme seitens der Wissenschaftswelt. Alle Veröffentlichungen des Zentrums versuchen das multikulturelle Erbe der oberschlesischen Heimat Eichendorffs zu widerspiegeln, indem Texte der folgenden drei Sprachen zugelassen werden: Deutsch, Polnisch und Tschechisch. Oft werden Beiträge zweisprachig deutsch-polnisch herausgebracht wie im Falle von populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen, die an Oberschlesien interessierten Menschen gerichtet sind. Bei den Publikationen mit wissenschaftlichem Charakter bleibt hingegen die gewählte Originalsprache des Autors erhalten. Dr. Gabriela Jelitto-Piechulik ergründete in ihrem Beitrag die konkreten wissenschaftlichen und kulturellen Initiativen des Oberschlesischen Eichendorff-Zentrums, was gekoppelt an die bereits erwähnte Analyse der Rezensionen über den wissenschaftlichen Betrieb der Einrichtung ergab, dass dank der geisteswissenschaftlichen Tätigkeit der Mitarbeiter der zahlreichen Publikationen eine einzigartige und unabhängige Perspektive Oberschlesiens in die Wissenschaftswelt miteinfließt.
Tschechisches Oberschlesien
Den internationalen Charakter der Einrichtung betonte die Online-Teilnahme von Dr. Irena Šebestová samt ihrer Studierenden der mährisch-schlesischen Universität Ostrau, die sich einerseits dem Begegnungscharakter des Zentrums widmeten, andererseits über die schlesisch-mährischen Autoren berichteten wie auch den Aspekt der deutsch-tschechischen Doppelstaatlichkeit von Einwohnern des Hultschiner Ländchens näherbrachten. Vom Leiter des Eichendorff-Zentrums, Paweł Ryborz, kam der Bericht über Alkoholismus in Schlesien und die Versuche seiner Bekämpfung.
Internationale Zukunftsperspektiven
Am letzten Tag der Tagung wurden zwei Beiträge präsentiert, die sich mit dem Thema Bildung auseinandersetzten. Zum einen das zukunftsorientierte Konzept des oberschlesischen Doktoranden an der Universität Heidelberg – Adam Kubik, einer noch nicht existierenden schlesisch- und deutschsprachigen Eichendorff-Universität im größten Siedlungsbereich der Deutschen außerhalb der deutschsprachigen Länder. Die Realisierung dieses Konzepts wurde in Oberglogau angelegt, mit der Ausrichtung auf eine interkontinentale und europäische Zusammenarbeit zwischen jenen Regionen, in denen Oberschlesier vorzufinden sind wie Texas/USA, Deutschland, Österreich, Schottland, Tschechien und Polen. Die letzte Präsentation über die wichtige Bedeutung Schlesiens für die europäische Renaissance und deren Bildungseinrichtungen, die bis zu Zeiten Eichendorffs und in das 20 Jahrhundert andauerten, wurde von den amerikanischen Doktoranden der Yale University – Michael Lo Piano dargestellt, der als Fulbright-Stipendiat nun am Institut der Polnischen Sprache der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) seiner Forschung nachgeht.

Spiegel der Mehrsprachigkeit Oberschlesiens
Die Beiträge der Tagung zeigten zwar die anfänglichen Schwierigkeiten und manchmal gar negative Kritik auf, doch wiesen vor allem auf dem bereichernden Charakter Schlesiens für die Wissenschaftswelt bei, sowohl in der Vergangenheit wie auch, dank des heutigen Eichendorff-Zentrums, in der Gegenwart. Es stellt eine der wenigen Institutionen in Schlesien dar, die ihre Beiträge in deutscher Sprache verfasst und somit auch die deutschsprachige Wissenschaft Oberschlesiens vorantreibt, wodurch die Bedeutungsträchtigkeit des Oberschlesischen Eichendorff-Zentrums für das Fortbestehen der deutschen Minderheit Schlesien ein erneutes Mal sichtbar wird.
verfasst von Adam Kubik